„Mein Sohn, jetzt hör mir mal gut zu,
du bist noch jung, doch denke dran,
in vierzig Jahren wirst auch du
ein Rentner sein, ein alter Mann.
Und
wenn du heute nicht beginnst,
um
deine Rente dich zu sorgen,
kannst
du sehen, wo du bleibst
als
alter Mann dann übermorgen.“
So
sprach der Vater zu dem Sohn,
und
wenn der’s sagt, dann ist’s wohl so,
denn nicht umsonst geht er
ja schon
seit
zwanzig Jahren ins Büro.
Nun
lebte auch der Sohn danach,
so viel wie möglich sich zu
plagen,
er schluckte selbst die
größte Schmach,
weil eins ging nicht: sich
zu beklagen.
Schließlich
hat er’s ja so gewollt,
grad
so die Zeit sich zu vertreiben,
nur
manchmal hat er doch gegrollt,
wie
wenig Stunden täglich bleiben:
Denn abends kommt er müd nach Haus und zieht sich
seine Schuhe aus, die Ehefrau
bringt ihm das Essen, dann wird
vor’m Fernsehschirm gesessen: Krimis, Filme,
Show und Sport, Liebe,
Singsang, Kampf und Mord. Bis er sich
ins Bett begibt und noch kurz
die Alte liebt.
Morgens geht’s dann
wieder weiter,
denn die Pflicht macht
keinen Halt.
Immer weiter, immer
heiter,
schließlich winkt die
Rente bald.
So so verging nun Jahr um
Jahr
mit Langeweile und
Verdruss.
Er verlor nun Haar um
Haar
und kriegte dafür Hexenschuss.
Denn alt zu werden ist nicht schwer,
alt
zu sein dagegen sehr.
Und
dass ihn nicht der Mut verließ,
lag
nur am künftgen Paradies.
Und endlich, endlich war’s soweit,
es war im Wonnemonat Mai,
der letzte Tag der Leidenszeit
ging schnell mit Sekt und Suff vorbei.
Von
seinem Chef ein nettes Wort
gescheftig im Vorübergehn:
„Jetzt gehen sie leider von
uns fort,
alles Gute, Danke schön!“
„Jetzt
fängt das Leben richtig an
nach
vierzig Jahren Schufterei“,
dachte
sich der alte Mann,
„der
Alltagstrott ist jetzt vorbei!“
Froh und glücklich, wie er
war,
legte er sich gleich zur Ruh
und schloss mit seinen
sechzig Jahr’n
für immer seine Augen zu.
„Sein Leben ist“, so kannst du’s lesen
auf nem grauen
Marmorstein,
„voll Sorge und voll Pflicht gewesen
–
ein Leben kann nicht schöner sein!“